Themen
Flirten, sich verlieben, Pornos anschauen – die Neugier auf Sexualität gehört zum Erwachsenwerden dazu. Heranwachsende klären sich nicht nur selbst im Internet auf. Sie suchen auch neue Bekanntschaften und tauschen erotische Mitteilungen aus.
Dadurch wird die natürliche Neugier aber zum Risiko: Pornografische Inhalte können verstören oder ein falsches Bild von Sexualität vermitteln. Und ein erotisches Selfie kann sich schnell im Netz verbreiten.
Altersgerechte, unaufgeregte Gespräche mit dem Kind und eine verständnisvolle Begleitung sind Basis für eine gesunde sexuelle Entwicklung und ein gutes Urteilsvermögen.
Internet-Plattformen mit fundierten Informationen können bei Fragen rund um Sexualität hilfreich sein.
Offene Gespräche fördern die gesunde sexuelle Entwicklung.
Wer sich mit seinem Körper wohl fühlt, kann eigene Grenzen besser wahrnehmen.
Wenn Kinder und Jugendliche sich ernst genommen fühlen, sprechen sie eher über Unsicherheiten.
Pornografie kann Jugendlichen beim Erkunden der eigenen Sexualität helfen, aber auch falsche Vorstellungen erzeugen.
Erotische Selfies können eine Form der Kommunikation sein, bergen aber Risiken.
Inhalt
Das Web ist für Jugendliche eine wichtige Sexualaufklärungsquelle. «Kann ich beim Petting schwanger werden?» «Warum tut es weh, wenn ich mit meinem Freund Sex habe?» «Kann ich mich beim Küssen mit HIV anstecken?» Das sind Fragen, die Jugendliche auf Online-Aufklärungsplattformen stellen. Solche Fragen anonym ins Internet zu tippen, ist oft einfacher, als sie in einem Gespräch auszusprechen.
Ausserdem gehen Influencerinnen bei Instagram, TikTok und YouTube, in Blogs und Podcasts heute ganz offen mit dem Thema Sexualität um. Von der anatomischen Beschaffenheit der Geschlechtsorgane über Verhütung und unterschiedliche Sexpraktiken bis hin zu sexuellen Mythen (z. B. rund um das Jungfernhäutchen) – alles wird thematisiert.
Das heisst allerdings noch nicht, dass alles vertrauenswürdig ist. Wenn z. B. Kourtney Kardashian Fruchtgummis für eine wohlriechende Vagina anpreist, sind Zweifel angezeigt.
Alles, was mit Sexualität zu tun hat, wird für Heranwachsende irgendwann spannend. Das gilt auch für Pornos. Je nach Studie findet der erste Kontakt mit Pornografie zwischen 11 und 14 Jahren statt – bei Jungen tendenziell etwas früher als bei Mädchen. Oft geschieht das nicht aktiv, sondern ungewollt, wenn z. B. in WhatsApp-Gruppen pornografisches Material verschickt wird oder wenn sich Jugendliche untereinander solche Filme zeigen.
Pornografie kann dazu beitragen, dass Jugendliche sich mit ihren eigenen Fantasien, ihrer sexuellen Orientierung, ihren Wünschen und Grenzen auseinandersetzen und ihre eigenen Bedürfnisse in einem sicheren Rahmen erkunden. Das kann befreiend und stärkend wirken.
Problematisch ist es, wenn Jugendliche ihr Wissen über Sexualität allein aus Pornografie ziehen. Denn oft werden falsche Vorstellungen erzeugt, idealisierte Körperbilder gezeigt und fragwürdige Geschlechterrollen zementiert. Zudem werden reale sexuelle Vorkommnisse wie Erektionsstörungen oder sexuelle Unlust in Pornos ausgeklammert. Das kann zur Folge haben, dass man sich selbst unter Performance-Druck setzt.
Und: Es gibt illegale Pornografie und andere Aspekte, die strafrechtlich verfolgt werden können (dazu mehr unter «Rechtliches»).
Pornografie kann eine hohe Anziehungskraft ausüben und unter Umständen süchtig machen. Die Weltgesundheitsorganisation führt Pornosucht unter der Bezeichnung "Zwanghaftes Sexualverhalten" seit 2019 als Krankheit im international gültigen Katalog ICD-11 auf. Dabei wird kein Unterschied zwischen Offline- oder Online-Verhalten gemacht. Man spricht davon, wenn folgende Aspekte beobachtet werden:
Über einen längeren Zeitraum (mind. 6 Monate) gelingt es nicht, sexuelle Impulse zu kontrollieren.
Pornografie wird zu einem oder dem zentralen Lebensmittelpunkt, während andere Bereiche vernachlässigt werden.
Versuche, das Verhalten zu mindern, sind bisher gescheitert.
Selbst wenn beispielsweise beim Schauen von Pornos keine Befriedigung mehr empfunden wird, kann damit nicht aufgehört werden.
Persönliche, familiäre, soziale und/oder berufliche Beziehungen werden von dem exzessiven Verhalten beeinträchtigt.
Sexting nennt man das digitale Austauschen von selbst produzierten, erotischen Bildern oder Texten. Diese Art von Kommunikation mit freizügigen Selbstaufnahmen ist auch unter Jugendlichen, die erste sexuelle Erfahrungen machen, verbreitet. Sexting ist nicht strafbar, sofern es einvernehmlich stattfindet und der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.
Manchmal senden Jugendliche die Fotos oder Videos aber auch an ganze Freundesgruppen – sei es zum «Spass», um zu testen, wie begehrenswert sie sind, als Mutprobe oder weil sie dazu genötigt werden.
Das grösste Risiko besteht darin, dass Fotos oder Videos, die für jemand Bestimmtes gedacht waren, an einen grösseren Kreis weiter verbreitet werden. Vorsicht ist speziell vor Betrügenden im Netz geboten, die ihre Opfer zu sexuellen Handlungen vor der Webcam verleiten oder dazu, intime Aufnahmen zu senden, um sie dann zu erpressen.
Kinder und Jugendliche sollen wissen: Fragen zu Sexualität, Körper und Gefühlen sind normal – und sie dürfen darüber sprechen. Wenn sie spüren, dass sie ernst genommen werden, vertrauen sie sich eher erwachsenen Bezugspersonen an. Dennoch ist es nicht immer leicht, mit Erwachsenen aus dem persönlichen Umfeld zu sprechen, wenn es um körperliche Veränderungen, Verliebtsein oder das erste Mal geht.
Erwachsene können Orientierung für gute Quellen im Internet bieten. Auf seriösen Online-Plattformen erhalten Jugendliche auf ihre Fragen anonym von Fachleuten eine Antwort. Zudem werden die Foren moderiert.
Der Austausch über Pornografie und Geschlechterbilder hilft, Gesehenes besser einzuordnen und kritisch zu hinterfragen. Denn Medien wirken dort am stärksten, wo eigene Erfahrungen fehlen, keine Auseinandersetzung stattfindet und keine klare Haltung entwickelt werden konnte.
Beim Thema Sexting geht es auch um die Frage: Was bedeutet es eigentlich, sexy oder attraktiv zu wirken? Sinnlichkeit hat viele Ausdrucksformen, man muss sich dafür nicht ausziehen. Und wer unter Druck gesetzt wird, soll wissen: Ich darf Nein sagen und es gibt Hilfsangebote.
Klären Sie über die oben genannten Risiken auf. Und wenn etwas passiert: Bleiben Sie mit dieser herausfordernden Situation nicht allein. Suchen Sie rasch Rat bei Fachleuten (z. B. Beratungsstellen, Schulpsychologischer Dienst, Polizei) und prüfen mit deren Unterstützung die Erstattung einer Anzeige. Wenn Gruppendynamik im Spiel ist, es sich z. B. um Cybermobbing handelt, müssen allenfalls die Schule und alle Involvierten miteinbezogen werden.
Meist sind Scham und Unsicherheit gross – entscheidend ist darum, ohne Vorwürfe zu reagieren.
Es ist verboten, unter 16-jährigen Personen pornografische Darstellungen zugänglich zu machen oder sie ihnen zu zeigen. (Art. 197 Abs. 1 StGB)
Verboten ist pornografisches Material, das sexuelle Handlungen mit Tieren oder sexuelle Handlungen (tatsächliche oder nicht tatsächliche) mit Minderjährigen beinhaltet. Wer solches Material herstellt, zeigt, anderen zugänglich macht, sich beschafft oder besitzt, macht sich strafbar. (Art. 197 Absatz 4 und 5 StGB)
Damit Sexting erlaubt ist, müssen folgende Kriterien erfüllt sein (Art. 197 Abs. 8 und Abs. 8 bis, StGB):
Alle Beteiligten müssen mit der Herstellung und der Weitergabe des Materials einverstanden sein.
Die beteiligten Personen müssen sich persönlich kennen.
Weder die herstellende Person noch die Person, welcher die Darstellungen zugänglich gemacht werden, dürfen ein Entgelt dafür leisten oder versprechen.
Alle Beteiligten müssen volljährig sein oder, sofern mindestens eine Person minderjährig ist, darf der Altersunterschied nicht mehr als drei Jahre betragen.
Letzte Aktualisierung des Textes am 12.11.25